Was der Gast an Bord alles so braucht

Autorin: Kathrin
14.11.2014

So einen ähnlichen Text gab es schon einmal. Nun ist er frisch gebürstet und ergänzt, da ich seit drei Tagen nur Bestellungen für mein Buch bearbeite, Emails schreibe, eintüte, frankiere …ach Gott, ich mach das ja gerne, ich freue mich sehr, dass das neue Buch so gut angenommen wird. Aber Jenny braucht halt auch jede Woche Futter. DAher gibt es diese Woche für airliners.de folgendes:

Was der Gast an Bord alles so braucht

Ein Flugzeug ist ein sehr begrenzter Raum, die Ausstattung muss effizient und pfiffig sein. Trotzdem kann man leider nicht alle Wünsche befriedigen.

Auf meinem letzten Nachtflug von Barbados nach Düsseldorf sprach mich eine Dame in Reihe 16 an, wann ich denn endlich mal Hustenbonbons an alle verteilen würde, bei dieser lautstarken Husterei der um sie herum sitzenden Gäste könnte sie so kein Auge zutun! Ob mir das noch gar nicht aufgefallen sei? Tatsächlich hatte ein Großteil der knapp 300 Passagiere an Bord mit Erkältungs- Symptomen zu kämpfen – wie mir berichtet wurde, ließen sich leider auf der gerade verbrachten Kreuzfahrt durch die Karibik die Klimaanlagen in sämtlichen Schiffskabinen nicht angemessen regeln. Ich drückte freundliches Bedauern aus und bot ihr ein Paar Ohrstöpsel an, denn als Bonbons hatte ich nur das Modell „Multivitamin“ im Angebot und meine privaten Fishermen’s Friends würden bei der Zahl der hustenden Gäste nicht weit reichen.
Es ist schon spannend, was die Gäste manchmal denken, welch mannigfaltiges Sortiment so mit uns um den Globus fliegt. Schlafbrillen, Zahnpasta, Babywindeln, Nähzeug, Briefpapier, die Visitenkarte mit der Anschrift des Kundenservices, trockenen Zwieback oder ein Bonbon zum Druckausgleich gehören zweifelsfrei zur Standardausrüstung. Bei einem Stadtplan von Paris, Wien, Los Angeles oder New York wird es schon schwieriger und leider wissen wir auch nicht, wann und auf welchem Gleis der Zug nach Kaltenkirchen am Hamburger Hauptbahnhof abfährt. Einen Fahrplan der deutschen Bahn haben wir aber selbstverständlich an Bord!

Wir kochen für jeden ein Spezialmenü – aus unseren Mitteln

Bei der Verpflegung der Passagiere stoßen wir leider oft an unsere Grenzen. Dem hungrigen Veganer kann man mal spontan mit der Obstplatte der Crew aushelfen oder vielleicht mit einer der weitgereisten Tütensuppen. Beim Fruktarier – so erlebt auf dem letzten Flug nach L.A. – der einerseits nichts ungekochtes und nur wahre Geschenke der Natur verzehrt, gegen Äpfel, Bananen und Birnen aber leider auch noch allergisch ist, gestaltete sich die Fürsorge schon etwas schwieriger. Da gab es dann leider Erdnüsse pur mit schicker Serviette.
Unsere Medikamentenauswahl ist vielfältig und allerbest, enthält aber leider weder besagte Hustenbonbons für die Allgemeinheit noch Thrombosespritzen für die Gäste, die lediglich den Mittelplatz in der Eco und kein Upgrade in die Business bekommen haben und nun gerne vorbeugen möchten. Spezielle Reinigungsflüssigkeiten für Kontaktlinsen und Zahnspangen oder Kukident gehören leider ebenfalls nicht dazu und wir können auch nicht mal eben in den Frachtraum krabbeln, weil im Koffer die Minipille vergessen worden ist, die vor fünf Stunden längst fällig war. Hoffentlich geht das bloß gut! Unser Sortiment an Hygieneartikeln beschränkt sich auf Seife, Kleenex, Desinfektionsmittel und Papierhandtücher – bei Tampons, Slipeinlagen und Kondomen müssen wir leider passen. Letzteres braucht man nicht an Bord? Der spontane Wunsch, dem legendären aber gar nicht existierenden „MileHighClub“ beizutreten, hat in den vergangenen Jahren immerhin drei Gäste mal diskret bei mir danach anfragen lassen … Handschuhe und Mundschutz haben wir hingegen immer an Bord, zum Eigenschutz, zum Fremdschutz, zum Egoschutz… sieht nicht schick aus, ist in Zeiten von Ebola, Vogelgrippe und Co aber wieder ein Thema an Bord. Importierte Malariamücken halte ich da für viel gefährlicher, aber das ist ein anderes Thema.

Bei Fön, Bügeleisen und Klobürste müssen wir leider passen

Beim Wunsch nach Fön und Bügeleisen für ruinierte oder zerknitterte Reisegarderobe können wir leider ebenso nur freundlich mit den Schultern zucken, wie bei einem Ersatz-T-Shirt für mit bereits verspeister Nahrung verunreinigte Klamotten. Aber dafür haben wir eine leuchtstarke Taschenlampe, um unter dem Sitz zum Beispiel verlorene Ohrringe zu suchen, können mit Salz, Pfeffer und Tabasco das langweilige Flugzeugessen ein wenig pimpen, leihen dem stromlosen Passagier auch gerne mal das private Aufladekabel fürs Smartphone oder den bunten Textmarker, damit der geschäftige Banker auf seinem Flug in die USA damit die Bilanzen bunt ankringeln kann. (Damit markieren unsere Piloten den Flugweg in den Karten.) Kugelschreiber geben wir ebenfalls gerne aus, damit die Daheimgebliebenen auch eine nette Karte aus dem Urlaub erhalten, die pfiffigen Gäste können diese gleich an Bord schreiben, denn Postkarten mit Leitwerk und/ oder Tragfläche stecken natürlich auch überall in Schaukästen in der Kabine aus.

Was uns leider fehlt sind Pümpel und Toilettenbürste, dafür haben wir ein erlesenes Bordwerkzeugsortiment im Cockpit des A330: vom filigranen Minischraubendreher, mit dem wir zum Beispiel hervorragend lose Brillenbügel wieder festschrauben können, bis zur großen Rohrzange ist alles dabei. Wozu man die an Bord so braucht? Ganz sicher nicht, um renitente Randalierer dingfest zu machen, dafür haben wir schicke Handschellen an Bord, die bei der richtigen Anwendung keinerlei Widerspruch dulden. Die Rohrzange ist von Nöten, weil man mit ihr zum Beispiel energisch eine Dose Duftspray, Marke „wilde Orchidee“, dem gierigen Schlund der Toilette entreißen kann, weil beim Start der Klodeckel nicht geschlossen war, diese dort vom Waschtisch in die Schüssel hineinfiel, der erste Toilettenbenutzer es gar „nicht gemerkt hat“, dass er auf ein Raumspray pinkelt und danach fröhlich abzog…
So gesehen, sind wir doch gar nicht so schlecht ausgerüstet!

Es grüßt Euch ganz herzlich, immer „well eqipped“,
Eure Jenny Jetstream

(Jenny für nächsten Dienstag auf airliners.de)