Der Spaß mit dem Handgepäck

Autorin: Kathrin
30.01.2014

„Ein Flugzeug zu erfinden ist nichts, es zu bauen, ein Anfang. Fliegen, das ist alles.“
Weise Worte von Otto Lilienthal. Sicher meinte Herr Lilienthal damit den Spaß am Pilotendasein, obwohl ich zugegebener Maßen auch sehr gerne fliege – wenn auch nur mit. Statt mit dem Ausknobeln der Kerosinmenge, dem Lesen der Wetterkarten, dem Abgleichen der Flugstrecke und dem Lenken des Flugzeuges beschäftige ich mich hinter dem Cockpit mit der Rolle des Gastgebers für die zahlreichen Passagiere, die mit dem Erwerb ihrer Tickets das Flugzeug von A nach B reisen lassen. Zu meinen spontan sichtbaren Aufgaben gehören die freundliche Verpflegung der Gäste, das Verteilen von Decken, Kissen, Lesematerial und Kinderspielzeug, sowie das sachgemäße und sichere Verstauen des gesamten Gepäckes zu Start und Landung. Und genau hier hört in dieser Jahreszeit der Spaß am Fliegen temporär für mich auf.

Wird anderorts noch über das zweite kostenlose Handgepäckstück fleißig diskutiert, um die Preise für Flugreisen für den Verbraucher transparenter zu machen, kommen wir auf kleinerem Fluggerät schon mit den aktuellen Regularien von Handgepäck nicht klar. Wer bitte hält sich an die vorgeschriebenen Maximalmaße – und warum eigentlich nicht? Zu dem 20 Kg Rollenkoffer gesellen sich in der kalten Jahreszeit gerne noch das Laptoptäschchen, die voluminöse Handtasche, der lange Wintermantel und/oder die fluffige Outdoorjacke. Nichts davon soll natürlich unter den Vordersitz, dort ist ja in der Economy schon kaum Platz für die eigenen Füße. Nun ist so ein Gepäckfach für etwa acht Passagiere vorgesehen, in der Regel aber spätestens nach dem zweiten Gast, der sich dort häuslich einrichtet, gut gefüllt. Dazu gibt es dann noch einige Fächer an Bord in denen sich firmeneigene Gegenstände wie Videoanlage, Dokumentenmappe, Abrechnungscomputer, Zusatzgurte, Ersatzschwimmwesten und Erste Hilfe Koffer tummeln und somit nicht für Passagierbelange verfügbar sind. Pfiffige Gäste schieben unsere Bordausrüstung diskret mit dem Fuß in die Kombüse, nachdem sie ihre sieben Sachen dort oben gut untergebracht haben; weniger dezente Menschen drücken uns Garderobe, Koffer oder Rucksack direkt in die Hand: „Hier, verstauen Sie das mal für mich!“

Wir helfen natürlich gerne, so es denn der Platz an Bord auch zulässt. Vielflieger geben uns dabei tolle Tipps: „Stellen Sie das doch auf die Toilette!“ oder „Sie haben da im Cockpit doch so einen Schrank…“, bis zu „Ihre Kollegin hat den Koffer das letzte Mal hinter einen Trolley gesteckt“. Das glaube ich zwar genauso wenig, wie man bei ‚German Transatlantic’ immer ein Upgrade in die Business bekommt, wenn man Thrombose gefährdet ist oder unter Platzangst leidet, aber natürlich laufen wir gerne durch die komplette Kabine, um noch irgendwo eine Lücke für das Gepäck zu finden. Dabei kommt es dann schon einmal vor, dass der Koffer in Reihe 23 landet, obwohl der Eigentümer in Reihe 5 seinen Sitzplatz hat. Was natürlich sehr ärgerlich ist, muss man doch nach der Landung etwa 150 Passagiere an sich vorbei defilieren lassen, um wieder an sein Reiseutensil zu kommen. Wäre es nicht einfacher, das Gepäck gleich aufzugeben? Reist es sich nicht ohne Ballast viel entspannter? Ist die Wartezeit am Gepäckband so unerträglich lang, dass man mit Ellenbogen, frechen Sprüchen und brachialer Gewalt die eigenen Habseligkeiten in die ‚Hatracks’ stopfen muss? Sicher sind nicht alle Gäste so unverblümt, mir tut es nur um diejenigen leid, die sich an die Vorschriften halten und dann noch nicht einmal mehr Platz für ihr Sakko in der Hutablage finden. Gerecht ist das nicht.

Wozu gibt es eigentlich diese kleinen Metallformen, die immer beim Check in stehen? Angeblich dienen sie zur Abmessung des Handgepäckes, welches mit an Bord darf. Ich habe eher den Eindruck, sie stehen da nur zu Deko-Zwecken, jeder zweite Passagier hat viel zu viel Gepäck dabei. Was nützen denn da noch Bordkarten mit ausgeschriebenen Sitzplätzen, wenn der ‚Run’ auf den Flieger los geht, um sich den besten Platz im Gepäckfach zu sichern? Da hilft dann auch etappenweises Boarden leider nicht.

Nehmen Sie es uns bitte nicht übel, wenn wir Ihren Koffer nicht schrumpfen, wegzaubern oder im Anhänger verstauen können. Es gibt so kleine weiße Label, die wir bei Überfüllung an das Gepäck kleben und dann noch schnell nach unten verfrachten lassen. Das geht relativ unkompliziert und hat einen großen Vorteil – es kommt am Zielflughafen garantiert zuerst auf’s Band.