Fremdsprachen an Bord

Autorin: Kathrin
11.06.2014

Letztens war ich unterwegs nach Málaga. Der Hinflug war ein Traum, wir erreichten nach zwei Stunden und dreißig Minuten ohne jegliche Zwischenfälle das Spanische Festland und innerhalb kürzester Zeit entließen wir unsere Urlauber in den heißen Sommer Andalusiens.

Pünktlich um 19.15 h, nach genau einer Stunde Bodenzeit, hoben wir wieder ab in Richtung Düsseldorf. Das Durchschnittsalter der Passagiere war diesmal wesentlich jünger als auf dem Hinflug und es waren neben Deutschen Urlaubern und Ferienhausbesitzern auch etliche Spanier an Bord. Ich bereute aus dem Stand, dass ich mein Fernstudium von Spanisch in den letzten Monaten so vernachlässigt hatte, hier hätte sich eine wunderschöne Gelegenheit zum Üben am lebenden Objekt ergeben. Spanisch fasziniert mich. In der Schule hatte ich leider Latein gewählt und ich langweilte mich zu Tode bei öden Übersetzungen von ‚Belli Gallici’, diesem furchtbaren Buch, welches ausführlich beschrieb, wie der ruhmreiche Cäsar damals gegen die bösen Gallier in den Krieg gezogen war. Ein einziges Wort auf Latein kann bis zu fünf komplett verschiedene Bedeutungen haben und die gesamte Sprache besteht eigentlich nur aus stumpfen auswendig lernen – absolut nichts für mich! Nach über zwei Jahrzehnten immer wieder kehrenden Aufenthalts in der Karibik, in Venezuela, Spanien, auf den Kanaren, sowie in Florida und Kalifornien, wo Spanisch die gelebte Alternative zum Ami-Englisch ist, hatte ich kaum mehr von dieser Sprache gelernt hatte, als die gängigen Höflichkeitsfloskeln, lebensnotwendige Bestellformulierungen im Restaurant und einige herzhafte Flüche, die ich den Rampagenten und den Staubsaugermännern an Bord abgekuckt hatte. Daher entschloss ich mich vor einem halben Jahr Spanisch an der Fernuniversität zu studieren. Ich wollte endlich mehr mit unseren Gästen sprechen können, als das berühmte „Pollo o queso?“ – Geflügel oder Käse?

Spanier waren zwar oft hitzig, konnten zumeist aber auch sehr charmant sein und in der Regel kommt es gut an, wenn man versucht in der Heimatsprache mit dem Gast zu kommunizieren. Man erkennt sie von Weitem, nicht nur am zumeist schwarzen Haar und den schokoladenbraunen Augen – irgendwie ist in der ganzen Ausstrahlung viel Sonne, Siesta und olé! Zwei heißblütige Andalusier um die vierzig saßen zu meiner Linken, als ich meinem Trolley auf ihrer Höhe parkte und ich probierte leichtsinnig mein bisher Erlerntes an Ihnen aus:
„¿Que desea usted beber?“ (Was möchten Sie gerne trinken?)
„Coca cola, por favor“ (Eine Cola, bitte)
Super, klappte ja hervorragend. Ich wagte mich noch weiter hinaus:
„¿Coca Cola con hielo? “ (Coca Cola mit Eis?)
“Si, gracias.” (Ja, danke!)
„¿Pocito o mucho hielo?“ (Viel oder wenig Eis?)
„Solo uno, gracias.“ (Nur einen, danke schön.) Mein Torero schenkte mir ein atemberaubendes Lächeln mit einer Reihe perlweißer Zähne. Während ich den Eiswürfel in das Glas fummelte, legte ich noch einen nach, meinen Brötchenstandardspruch – den konnte ich übrigens in nicht weniger als sieben Sprachen!
„¿Sandwich con queso o con pollo para usted?” (Ein Sandwich mit Käse oder Wurst für Sie?)
Tja, schade – mein Torero dachte zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon, dass ich Spanisch mit der Muttermilch aufgesogen hätte und brabbelte in einer atemberaubenden Geschwindigkeit los und erzählte mir etwas. Etwas ganz spannendes. Offenbar war er weder an einer Käsesemmel noch an dem Wurstmodell großartig interessiert, leider musste ich gestehen, dass ich nur Bahnhof verstanden hatte. Wie sollte ich aus dieser Nummer denn nun elegant wieder heraus kommen?
Ich versuchte es mit Charme und wand mich an einfach an seinen Sitzkollegen in einer etwas tieferen Tonlage:
„¿No sandwich para el señor?“ (Kein Sandwich für diesen Herrn?), und wies mit beiden Händen fragend auf den immer noch redenden und gestikulierenden Herrn mit der Cola.
Der zweite Spanier lachte, offenbar hatte er mein Problem sofort erkannt. Er knuffte seinen Freund in die Rippen und fragte ich noch einmal:
„¿Amigo, con queso o con pollo? Contestas!” (Mit Käse oder Wurst – antworte…)
„No hablo mucho espanol, señor“, gab ich kleinlaut zu, „solo un poco!“ Ich zeigte mit zwei Fingern einen ungefähr drei Millimeter großen Spalt und schenkte ihm dafür ein grandioses Lächeln.
Nun mussten wir alle drei lachen. Señor Torero entschied sich spontan für eine Wurstschnitte, ich konnte beiden erfolgreich noch eine Tasse Kaffee andrehen, sowie ein Wasser mit Kohlensäure und eine Käsesemmel. Als ich mit den beiden fertig war, drehte sich der Torero um, rief zu seinem Freund, der etwa drei Reihen weiter auf der rechten Seit saß zu:
„¡Ella hablas espaniol! ¡Mui bien!“ (Sie spricht spanisch – echt gut!)
Und schon hatte ich nächsten sprudelnden Spanier an der Backe… hätte ich bloß nicht damit angefangen!

Ich glaube, ich muss mir unbedingt mal heraus suchen, was „bitte sprechen Sie langsam und deutlich mit mir“ auf Spanisch heißt.

Hasta luego, amigos !