Funkkontakt

Autorin: Kathrin
16.03.2016

„In the unlikely event of loss of …“

Diesen Satzanfang hören wir täglich bei der Demonstration der Sicherheitsvorkehrungen an Bord. In der Regel ist damit der Verlust der Druckkabine gemeint und der Gebrauch der Sauerstoffmasken wird den Gästen demonstriert.

Was ist aber „in the unlikely event of ‚total pilot power’ loss?“, um nicht zu sagen „double pilot incapacitation“? Sicher ist die Wahrscheinlichkeit äußerst gering, dass beide Piloten eines Zweimanncockpits gleichzeitig flugunfähig werden – dennoch ist die Möglichkeit gegeben. Und dann? Seelenruhig darauf warten, bis die letzten Tonnen Kerosin durchgeblasen sind und sich dabei mental auf das nahende Ende vorbereiten? Würde man nicht wenigstens versuchen wollen, mit dem Boden Kontakt aufzunehmen, um die Situation schildern zu können? Man würde den Spezialisten später sicher viel Arbeit bei der Auswertung des Flugunglückes abnehmen, wenn man sich in diesem katastrophalen Notfall vorab schon einmal melden könnte – von einem hollywoodreifen „Heruntersprechen der Maschine“ rede ich hier gar nicht.
Und wie geht das nun, das Funken? Wer einmal im Cockpit eines Jets gewesen ist, wird sich an die gefühlten drei Millionen Knöpfe und Schalter erinnern. Wer als Flugbegleiter arbeitet, hat dort schon hundertfach gesessen und den fliegenden Kolleg/innen bei der Arbeit zugeschaut. Aber wie geht das nun genau? Eine meiner Kabinenkolleginnen fliegt nie ohne einen kleinen Zettel in ihrer Handtasche. Er wurde von ihrem Pilotenfreund geschrieben und erklärt mit schöner Zeichnung, wie und wo man mit dem Boden Kontakt aufnehmen kann. Da „pilot incapacitation“ (Ausfall eines Piloten) zuletzt gerade wieder ein Thema der Vorflugbesprechung war, lag es nahe, diese Problematik einmal an- und auszusprechen. Sollten Flugbegleiter im Rahmen des jährlich wiederkehrenden Trainings auch eine Einweisung in die Funkanlage des Flugzeuges bekommen? Ich habe mir auf einer meiner letzten Langstrecken das Verfahren erklären lassen. Es ist, wenn man weiß, wo man anfangen soll, kein Hexenwerk. Ich gebe zu, die Hälfte von dem, was mir freundlich erklärt wurde, habe ich schon wieder vergessen. Und da ich mich darin nicht übe, wird der Rest Erkenntnis sicher auch bald verschwunden sein. Was ich persönlich sehr bedauerlich finde, denn diese Situation der „Sprachlosigkeit“ stelle ich mir unfassbar bedrückend vor.

Meine Kollegin war so freundlich, mir ihren kleinen Zettel zu kopieren, der von nun an in einen Stammplatz in meiner Uniformhandtasche hat, frei nach dem Motto, wenn man einen Regenschirm dabei hat, scheint in der Regel die Sonne.

In diesem Sinne
always happy landings!

5 Kommentare zu “Funkkontakt”

  1. Paco Cortegiano schrieb:

    Es waere doch denkbar, aehnlich wie bei der Bahn, an bestimmten Stellen im Flugzeug einen Roten Notbremshebel anzubringen, wahrscheinlich sinnvollerweise nur vom Kabinenpersonal zu betaetigen. Bei dessen Betaetigung wird die Flugfuehrung konsequent auf „Automatic“ umgeschaltet, ohne wenn und aber: wer weiss, was gerade im Cockpit passiert. Das Flugzeug fliegt automatisch zum naechsten geeigneten Flughafen (sogar in Abstimmung mit ATC, welches automatisch informiert wird) und landet dort. Technisch ist ein solcher vollautomatischer Flug meines Wissens schon (lange) moeglich. – Und bei Fehlbetaetigung? Dann landet das Flugzeug eben trotzdem, immer noch besser als ein ausser Kontrolle geratener Flug mit ungewissem Ausgang.

  2. Kathrin schrieb:

    Interessanter Aspekt. Könnte mir vorstellen, das
    dies aus Kostengründen nicht umsetzbar ist.

  3. Stephanie schrieb:

    Guten Morgen!

    Ich bin heute auf Ihren Blog gekommen, um mal wieder etwas von Ihnen zu lesen. Leider enden Ihre Einträge im letzten Jahr.
    Ich hoffe es geht Ihnen gut und sie haben die Lust am Schreiben nicht verloren.
    Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

    Stephanie

  4. Kathrin schrieb:

    Liebe Stephanie,

    es gibt Zeiten im Leben, die etwas turbulenter sind. Der Blog hat darunter leider gelitten.
    Ich gelobe Besserung, denn das Schreiben ist aus meinem Leben eigentlich nicht wegzudenken.

    Viele Grüße
    Kathrin

  5. Paco Cortegiano schrieb:

    „In the unlikely event of loss of…“

    dass man aber gleich die komplette (liebgewonnene) Airline auf einen Schlag verliert, …was steht denn darueber in den Sicherheitsanweisungen.

    Das hinterlaesst zumindest den Paco ein wenig incapacitated…….

    Alles Gute, und vielen Dank „fuer den Dienst am Passagier“.

    Schokolade schmilzt, Herzen bleiben.

    xxx Paco.