Mein Job und ich

Autorin: Kathrin
04.05.2013

Ich kenne sie alle die netten Bezeichnung für meinen Job: Trolley-Dolley, Saftschubse, Luftkellner, Cockpitmatratze, Notrutsche, Luftloch – schlimmer geht immer. Vor allem von Leuten, die nicht die Bohne Ahnung haben. Letztens fragte jemand im großen www was man(n)/frau denn für Voraussetzungen haben müsste, um Stewardess zu werden. Die kompetente Antwort lautete:

„Du musst gar nix haben, nur gut aussehen und nicht dick sein!“ Ach so?

Ja, es stimmt, ein richtiger Beruf ist Flugbegleiter/in nicht. Aber es ist leider der geilste Job, den ich kenne. Die gewünschten Anforderungen sind dennoch ein bisschen weitreichender als die Internetfachkraft zu beschreiben wusste, ich würde es mal so ausdrücken:

„Hohe Serviceorientierung und Einsatzbereitschaft auch unter Stress und Zeitdruck, Kommunikationsstärke, Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit, freundliches Auftreten und ein gepflegtes Äußeres, interkulturelle Kompetenz, fließendes Deutsch und Englisch, am besten noch eine zweite oder gar dritte Fremdsprache, Selbstständigkeit, Engagement und Eigeninitiative, Empathie für Mitmenschen, hohe Belastbarkeit und Flexibilität,  Mindestalter, Mindestgröße und angemessenes Körpergewicht, sowie ein internationaler Reisepass ohne Einschränkung.“

Eigentlich ganz einfach, oder? Traumjob, here I come!

Natürlich könnte man annehmen, das der Job – nee, auch das ist kein anerkannter Beruf, sondern nur eine „Tätigkeit“ – des Piloten den eines Flugbegleiters noch toppt: Man(n) fliegt ein fettes Flugzeug, muss sich nicht mit nörgelnden Gästen, klemmenden Trolleys, und zickigem Equipment auf engstem Raum herum ärgern, drückt wichtig ein paar beleuchtete Knöpfe, legt Hebelchen und Schalter um, trägt eine wesentlich schickere Uniform mit goldenen Streifen ( -> Streifenhörnchen) und sonnt sich auch im Jahre 2013 noch in der fast uneingeschränkten Anbetung von Normalsterblichen – besonders beim huldvollen Durchschreiten von Airports, natürlich vor Kopf der Schar des gemeinen Kabinenpersonals.

Ganz ehrlich? Ich würde nicht mit den goldberingten Piloten tauschen wollen. Zwei Jahre Ausbildung für 80.000 € – zumeist selbst vorfinanziert -, immense Verantwortung, Auswendiglernen bis zum Umfallen, halbjährliche Simulator-Checks und immer mit einem Bein im Knast, wenn man nicht alle Fehler der anderen sofort erkennt – das wäre nichts für mich. Mir reichen mein 6 Wochen Kurs, drei 1kg-Ordner mit Anweisungen, Paragraphen und Procederen und mein jährlicher Refresherkurs vollkommen. Dafür schwinge ich gerne mit Elan die Kaffeekanne in der Kabine, serviere klebrige Sandwiches, kümmere mich um renitente Gäste, wiederbelebe mal einen Herzinfarktpatienten oder evakuiere nach Bedarf das Flugzeug. Unser gemeinsames Ziel ist immer das gleiche, ob mit oder ohne Pommes auf der Schulter: San Franzisco, Havanna, New York, Curacao, Barbados, Chicago – die Kabine landet dort, wo das Cockpit hinfliegt. Gut, ich erkenne neidlos an, dass Piloten ein Vielfaches von dem verdienen, was am Monatsende in meinem Säckel übrig bleibt; aber so viel Verantwortung muss natürlich auch entsprechend honoriert werden. Und den Genuss der Layover, Shoppen in  Bangkok, Chillen in der DomRep, Sightseeing in Vancouver, Sonnenbaden auf Palma oder Fischen in Stockholm, den gibt es für alle gleich.

Und wem das nicht reicht – die Option, sich ein persönliches Streifenhörnchen zu angeln, steht ja jeder/m frei. Ich finde da nichts klischeehaftes oder gar verwerfliches dran: Man hat bei Erfolg einen Menschen, der einen versteht, der weiß, dass Jetlag weder eine Krankheit noch ansteckend ist und der im besten Fall nach vollziehen kann, warum bei manchen Destinationen der Koffer auf dem Hinflug nur 5 Kilo und auf dem Rückflug 25 Kilo wiegt. Ich habe so ein Modell 1990 durch Zufall irgendwo über dem Atlantik gefunden und bin da ziemlich stolz drauf. <3

Und wenn man um den Globus düst und dann durchgeschwitzt, müde aber dennoch fröhlich in den Sitz des Crewshuttles plumpst, weil ein paar Stunden oder sogar ein paar Tage in der Fremde locken, dann weiß ich wieder: das ist er – der Traumjob. Nee, falsch: Mein Traumjob!