Passagierausraster

Autorin: Kathrin
19.04.2014

Vor ein paar Tagen stand in der Zeitung zu lesen:

„Suff-Duo von AB 7446 rastet an Bord aus“.

Die Maschine der Airberlin war auf dem Weg nach Punta Cana, als kurz nach dem Start zwei Gäste, 36 und 19, mit einem weiteren Passagier Streit anfingen. Dieser begann zunächst verbal und eskalierte dann in Handgreiflichkeiten. Stewardessen, die versuchten zu schlichten, wurden auch attackiert und der Pilot entschloss sich darauf hin, nach Deutschland zurückzufliegen, um die Herrschaften ausladen zulassen.

Der erste Gedanke, den ich zu dieser Meldung hatte war: „Was das alles wieder kostet!“
Zeit in der Fliegerei ist Geld, die Maschine musste wegen noch zu voller Tanks nach Köln ausweichen, weil dort die Landebahn mit 4000 Metern länger ist als in Düsseldorf. Es musste mit Sicherheit eine aufwändige „Overweight Landing Kontrolle“ am Flugzeug durchgeführt werden, die Passagiere brauchten bis zum Weiterflug Betreuung und Beköstigung und eine neue Crew musste man eilends aus dem Ärmel zaubern. Nun dafür gibt es Standbys, eine ganze Mannschaft zu ersetzen ist dennoch nicht ohne. In Punta Cana warteten Hunderte von Gästen auf den verspäteten Flieger, ein halber Tag Verspätung ist so einfach nicht aufzuholen. Und warum das Ganze? Weil zwei Leute einen über den Durst getrunken und damit ihre guten Manieren ins Abseits gestellt haben. Wie peinlich!

Natürlich geht die Sicherheit an Bord vor schnödem Mammon und der Kapitän hat absolut richtig entschieden. Niemand braucht an Bord Randalierer, die nicht mehr Herr ihrer Sinne sind. Stand nicht gerade vor ein paar Tagen noch zu lesen, dass ein Passagier in 9000 Metern Höhe ausflippte und gerne aussteigen wollte? Es ist nicht möglich, in derartigen Höhen die Flugzeugtür zu öffnen, simple Physik ist auch mit den wildesten Vorsätzen nicht zu überlisten. Nichtsdestotrotz wird dieser Mensch seinen Mitreisenden einen gehörigen Schrecken eingejagt haben, bei Flugangstbelasteten mag ich mir die Auswirkungen so eines Schockes gar nicht vorstellen. Auf einem Flug nach Bangkok gab es bei uns mal einen Zwischenfall mit jemanden, der mental im Film „Avatar“ gefangen war und durch die Öffnung der Flugzeugtür „ins nächste Level“ aufsteigen wollte. Dies geschah allerdings im Endanflug auf die Stadt der Engel und bei niedriger Flughöhe wäre es durchaus möglich gewesen, die Tür zu öffnen. Beherztes Eingreifen der Flugbegleiter hat die Katastrophe zum Glück verhindert.

Nun fragt man sich doch, warum es an Bord von Flugzeugen so oft zu solchen Eskalationen kommt. Längst nicht jeder Zwischenfall steht am nächsten Tag in der Zeitung, obwohl man sich schon wundern muss, wie schnell die Öffentlichkeit überall dabei ist. Aber in heutigen Zeiten der megaschnellen Medien ist es anscheinend normal, dass die Presse im selben Augenzwinkern Bescheid weiß und sich ausführliches Bild- und Tonmaterial bereits auf youtube befindet. Dem allgegenwärtigem Smartphone und der zahlreichen Hobbyreporter sei Dank.

Im Fall des Punta Cana Fluges klagten die beiden renitenten Fluggäste spontan nach ihrer Verhaftung über Herzschmerzen und gewissenhaft, wie deutsche Beamte sind, wurden sie erst einmal zu einer gründlichen Überprüfung ihres Gesundheitszustandes in ein Krankenhaus gebracht. Ich möchte mich hier nicht darüber lustig machen: Sicher ist es sehr belastend, sich erst einen über den Durst zu trinken, dann in einem engen Langstreckenflieger Platz zu nehmen, Streit anzufangen, herum zurandalieren und dann feststellen zu müssen, dass der Flug nicht in die Heimat geht, (beide waren Dominikaner), sondern für sie in Deutschland enden wird. Mein Herz würde das sehr belasten. Und doch habe ich so gar kein Mitleid.

Fliegen ist sagenhaft anstrengend, auch wenn es heutzutage für manche Menschen so normal geworden ist wie Bahn- , Bus- oder Taxifahren. Dennoch ist die Situation eine ganz andere: Man ist auf engstem Raum zusammen gepfercht, wurde schon vor Betreten des Flugzeuges zig Mal angewiesen, was man zu tun und zu lassen hat, was man darf und nicht darf. Im Flieger geht es nahtlos weiter: Machen Sie dies, das oder jenes im Notfall – aber auf keinen Fall jenes und welches. Rauchen ist verboten und Sie müssen die Anweisungen des Personals beachten. Da kann man doch schon mal ausflippen – oder nicht? Woher soll man auch wissen, dass die dünne Luft die Wirkung von Alkohol potenziert und was hat mir das Personal überhaupt zu sagen?

Wieder ein schönes Beispiel, dass es bei dem Beruf eines Flugbegleiters nicht nur darum geht, lauwarmen Kaffee auszuschenken. Man mag darüber spekulieren, ob der Flugverlauf anders ausgegangen wäre, wenn die Crew nur aus „stattlichen Kerlen“ bestanden hätte, die „ordentlich durchgegriffen hätte“, so liest man es zumindest auf Facebook und Co. Schlussendlich sitzt der Kapitän am längeren Hebl und wir FBs sind seine Augen und Ohren.

Meines Erachtens hat die Crew als Ganzes absolut richtig gehandelt. Jemand, der nicht mehr Herr seiner Sinne ist, hat an Bord eines Flugzeuges nichts mehr zu suchen. Und an Bord einer Langstreckenmaschine, die zum größten Teil über dem großen Teich unterwegs sein wird, schon mal gar nicht.

Und wirklich schade finde ich eigentlich nur, dass die beiden Krawallbrüder nur an Bord von Airberlin lebenslanges Flugverbot bekommen haben. Meines Erachtens könnte man da durchaus mal beim „Datenschutz“ ein Auge zudrücken und diese Info an andere Airlines weitergeben. Ein sicherer Aufenthalt an Bord ist unsere oberste Priorität – und das bezieht sich nicht nur auf top gewartetes Fluggerät.

Mit herzlichen Grüßen,
Jenny Jetstream

2 Kommentare zu “Passagierausraster”

  1. blattella schrieb:

    Lebenslanges Flugverbot in allen Airlines war auch meine erste Reaktion als ich das seinerzeit die Medienmeldungen las.

    Aber mal ehrlich: wäre das nicht überzogen? Wie oft sind die Streithähne vorher anstandslos geflogen? Wie brav werden sie sich nach dieser Blamage (solch eine ist es) an Bord eines Fliegers benehmen? Haben sie vielleicht aus ihrem Fehlverhalten gelernt?

    Was ich aber hoffe: das man ihnen die Kosten dieses Vorfalls komplett auflädt. Inklusive aller Erstattungen für die anderen Passagiere.

  2. Astrid schrieb:

    Nein, lebenslanges Flugverbot finde ich nicht überzogen. Hier geht es ja nicht um Verbalen Schimpfwörter aus tausch, sondern auch das die Täter handgreiflich geworden sind. Bei Leibe das ist kein Kavaliersdelikt, wenn die Piloten meinen den Flugabzubrechen und glaub mal, bis zu dieser Entscheidung gab es massig Gespräche zwischen Kabinen Crewe und Cockpit. Um bei dem oberen Fall zu bleiben, wenn dann die Staatsanwaltschaft keinen Grund sieht einen Haftbefehl zu beantragen, dann frage ich mich was in der Luft hätte noch passieren müssen? Ich würde gerne den Damen und Herren so ein Flug gönnen, vielleicht entscheiden sie dann beim nächsten mal nicht so blauäugig. Bei der Fluggesellschaft Norvegian war ebenfalls ein Krawallbruder unterwegs und das als Wiederholungstäter, 12 Jahre hat er dafür im Bau gesessen aber in seinem Kopf hat sich wohl dabei nichts geändert. Ich plädiere für eine Schwarze Liste wo alle diese Krawallbrüder aufgelistet werden. Dann kann jede Airline selber entscheiden, ob sie denjenigen befördern möchte oder nicht.

    Ich kann mir kaum vorstellen, das die Kosten die so ein Vorfall mit sich bringt annähernd die Airline wieder zurück bekommt.